Zwölf Apostel
Von Frederik König
Ein Haufen Schwerkrimineller, Mörder, Vergewaltiger und Deserteure erhält kurz vor Beginn der alliierten Invasion 1945 eine letzte Chance, um dem Strick eines britischen Militärgerichts zu entgehen: Sie sollen von dem unkonventionellen Militaristen Major Reisman (Lee Marvin) zu einer kleinen Eliteeinheit ausgebildet werden, die zum Ziel hat, kurz vor dem »D-Day« in Nazideutschland abzuspringen, ein Schloss voller hochrangiger Nazischergen auszuräuchern und die Insassen zu massakrieren.
Der Reiz des Films liegt in der Frage, ob dieses »dreckige Dutzend«, der letzte Abschaum der Erde, es schafft, ihren Psychosen und Egomanien zum Trotz eine Einheit zu bilden zur Erfüllung einer gemeinsamen Mission. Letzten Endes bedeutet dies, den unehrenhaften Tod durch den Strick mit dem Tod durch eine deutsche Maschinengewehrsalve im Feld zu tauschen oder mit einer Menge Glück die minimale Chance zu haben, vielleicht doch mit dem Leben davonzukommen. Auf diese Weise überlagern sich für den Zuschauer zwei Spannungsbögen, die seine Nerven bis zum Zerreißen anspannen: Wird das Dutzend es erstens schaffen, eine Einheit zu bilden, und zweitens lange genug zusammenhalten, um seine Mission zu erfüllen?
Robert Aldrich greift in Das dreckige Dutzend ganz deutlich religiöse Symboliken auf: Das dreckige Dutzend besteht aus zwölf »Aposteln«, am Vorabend der Mission gibt es ein letztes gemeinsames Abendmahl und einer der Bande, ein »Judas«, wird seine Kameraden im Feld verraten. Jedem seiner Jünger hat Aldrich eine Besetzung verpaßt, die für den Zuschauer verkörpert und erzählt, was an infernalischen, psychotischen und irren Kräften in ihnen steckt. Dabei wandeln sich die Zwölf im Laufe der Handlung immer mehr von wilden Bestien und Chaoten zu halbwegs menschlichen Kameraden. Die glaubhafte Darstellung dieser Wandlung ist dem grandiosen Spiel der zwölf Apostel zu verdanken: Charles Bronson, Jim Brown, John Cassavetes, Trini López, Telly Savalas, Donald Sutherland, Clint Walker, Tom Busby, Ben Carruthers, Stuart Cooper, Colin Maitland und Al Mancini. – was für ein elendig dreckiger Haufen brillanter Schauspieler auf ihrem leichengesäumten Pfad zur Erlösung! Im Zeitalter der Antihelden können da Jesus und seine Jungs fast einpacken.
2011-04-04 15:39