18 Stunden bis zur Ewigkeit
Von Sascha Seiler
Es ist immer eine besondere Freude, Actionfilme aus den frühen 70er Jahren zu sehen, gerade weil die ästhetischen Maßstäbe dieses Genres sich bis zum heutigen Tag so radikal verändert haben. Während heutzutage alles auf schnelle Schnitte, aufregende Musik und vor allem jede Menge technischer Tricks hinausläuft, setzte man damals vor allem die Kamera ein, um Stimmung und Spannung zu vermitteln.
Gerade in Juggernaut ist die Anzahl an Zooms gewaltig, und die Nahaufnahmen auf die Gesichter noch jedes Nebendarstellers verraten mehr über die Besetzungsstrategien als die heutigen technischen Innovationen. Immerhin verlangte so ein Close-Up von den Schauspielern viel mehr ab, als diese in den meisten Fällen zu leisten im Stande waren. Auch das Drehbuch von Juggernaut hat nichts von der Reduktion heutiger Actionfilm-Scripts. Anstatt sich aufs Nötigste zu beschränken, unternimmt der Film Ausflüge in die Psyche der auf einem mit Bomben bestückten Passagierschiff verängstigten Passagiere inmitten des Ozeans, ohne sie als Charaktere zu vertiefen.
Würde man diese Nebenschauplätze entfernen, so bliebe ein spannendes Bombenentschärferspektakel mit Richard Harris als coolem Sprengstoffexperten und Omar Sharif als entschlossenem Kapitän. Doch immer wieder unterbricht Regisseur Richard Lester den Film, um den Schiffsclown, die traurige Freundin des Kapitäns oder die Frau des Chefermittlers von Scotland Yard, die zufällig auch auf dem Schiff ist, zu zeigen. Was diese Personen dort so genau machen, ist nebensächlich, wichtig ist, daß sie eben da sind. Auf diese Art wird dem Zuschauer vergegenwärtigt, daß auch Menschen dem Bombenterroristen zum Opfer fallen können.
Damals waren das sicherlich wirksame Zutaten für einen atemberaubenden Actionfilm, heutzutage bleibt es ein immer wieder gern gesehenes Dokument einer längst überholten Ästhetik, die gerade durch ihre aus moderner Sicht auffälligen Mängel von großem Interesse für den Filmfan ist.
1970-01-01 01:00