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Scenario 5

Jochen Brunow (Hg.): Scenario 5. Film- und Drehbuch-Almanach. Berlin 2011. Bertz + Fischer, 352 Seiten. 24,00 Euro

Liebeserklärung an Autoren

Von Kyra Scheurer »Es hat mich befreit, kein Autorenfilmer sein zu müssen, sondern Autoren-Verfilmer sein zu dürfen« schreibt Dominik Graf in seinem »Scenario«-Beitrag »Aus dem Weltreich der Autoren«. Eine ungewöhnliche und darum umso wichtigere Liebeserklärung liest man hier, bzw. fünf Liebeserklärungen: an die fünf wichtigsten Autoren in Grafs abwechslungsreichem Arbeitsleben, an Markus Busch, der Grafs wunderbar leichtfüßigen Dreileben-Beitrag Komm mir nicht nach geschrieben hat, an Christoph Fromm, Bernd Schwamm und Günter Schütter, aus dessen Feder die Graf-Klassiker Frau Bu lacht und Der Skorpion sowie der ambitionierte, letztlich gescheiterte Genre-Versuch Die Sieger stammen, und nicht zuletzt an Rolf Basedow, dessen Hotte im Paradies den Auftakt zum gemeinsamen Großprojekt Im Angesicht des Verbrechens war. »›Meine‹ Filme sind im Grunde ihre Filme« resümiert Graf und beschwichtigt so indirekt das sich ansonsten leitmotivisch auch durch den fünften Band des Drehbuchallmanachs ziehende – zugegeben oft berechtigte – Lamento über die Mißachtung von Autoren durch Produzenten, Regisseure und Redakteure, die als Teil des öffentlich-rechtlichen Systems diesmal besonders ihr Fett weg bekommen. Im wie immer ein Herzstück des Bandes bildenden Werkstattgespräch gibt in schöner Verschränkung der Beiträge Graf-Autor Rolf Basedow Einblick in seine beispiellos intensiven Recherchen bei Ermittlern und Verbrechern, SEK-Beamten und Zuhältern. Die Präzision der Dialogsprache, kleine Gesten und große Pläne – so vieles in Basedows Büchern entstammt der beobachteten Phänomenologie eher als irgendwelchen Drehbuchratgebern, über die er gleichwohl auch sprechen kann. Interessanter aber ist, wie in der konkreten Praxis das Wort »Gulaschsuppe« zum Schneeball wird, der eine Hure zum Rollentausch mit ihrem Luden animiert oder Basedows kundige Anmerkungen zur Montage – er selbst kam über das Schneiden zum Schreiben. Außerdem erinnert »Scenario« an den vor zehn Jahren verstorbenen, parallel mit Dokumentarfilm, fiktionalisierter Lebensgeschichte in Romanform und DVD-Edition gewürdigten Thomas Brasch, läßt Keith Cunningham über »die Würde des Dramas« philosophieren, unternimmt den Versuch einer räumlichen Verortung des Erzählens, rezensiert Ratgeber zur TV-Serie und läßt neue Dramaturgiemodelle sowie drehbuchrelevante Blogs und Podcasts unter die Lupe nehmen. Und wie immer wird auch das »Drehbuch des Jahres« abgedruckt, diesmal »No name Restaurant« von Stefan Sarazin und Peter Keller. 2011-08-26 13:10

Abdruck

Dieser Text ist erstmals erschienen im Schnitt #62.

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