Kämpfer im Verborgenen
Von Nils Bothmann
Seit über 30 Jahren arbeitet Simon Rhee sowohl in der Traumfabrik als auch im Bereich des B-Films. Trotz einiger Filmrollen – die erste als Handlanger in
Kentucky Fried Movie – sieht man seine Kontributionen zu Werken wie
Last Samurai,
Inception oder dem bald startenden
Transformers: Dark of the Moon nicht, denn er ist bei diesen Filmen für die Stunts oder die Choreographie der Kampfszenen verantwortlich. Der Kampfsportexperte betreibt einen eigenen Dojo und beweist mit seiner rund 100 Einträge umfassenden Filmographie, daß zwar vor allem, aber eben nicht nur, Actionfilme Stuntleute benötigen, auch Dramen wie
Die Geisha oder Komödien wie
Superhero Movie umfaßt Rhees Portfolio. Am meisten geprägt hat er die vierteilige
Best of the Best-Reihe, in der sein Bruder Phillip die Hauptrolle spielte: Er zeichnete für die Kampfchoreographie verantwortlich, beim vierten Film der Reihe,
Kick Fire – Ohne jede Vorwarnung, übernahm er die Second Unit-Regie und in den ersten beiden Filmen spielte er die Rolle des Dae Han. Schnitt sprach mit dem Tae Kwon Do-Experten über das Stuntgeschäft bei Hollywoodproduktionen und Filmen fürs Heimkino.
Als Stunt Man, Stunt Coordinator und Fight Choreographer haben Sie sowohl an Großproduktionen wie Inception, Lethal Weapon 4 und Collateral als auch an B-Movies wie der Best of the Best-Reihe, Viper – Ein Ex-Cop räumt auf oder Game of Death mitgewirkt. Gibt es generelle Unterschiede bei den beiden Arten von Filmen?
Bei höher budgetierten Filmen hat man mehr Zeit mit den Schauspielern und seinem Stuntteam zu proben. Bei den niedriger budgetierten Produktionen muß man sich die Bewegungen manchmal in der letzten Minute ausdenken.
Haben Sie mehr Einfluß, wenn Sie an einer niedriger budgetierten Produktion arbeiten? Zu welchem Grad können Sie Ihre eigenen Ideen in die Gestaltung der Actionszenen einbringen?
Nicht unbedingt – zuerst und vor allem muß der Regisseur mit dem zufrieden sein, was der Stunt Coordinator oder Choreograph sich für die Szene ausgedacht hat und wie es mit dem Drehbuch harmoniert. Es hängt auch von meiner Rolle bei der Produktion ab – als Stunt Coordinator oder Fight Choreographer habe ich mehr Einfluß als in der Funktion eines Stuntman, der angeheuert wird, um einen bestimmten Stunt auszuführen. Vieles ist aber auch Zusammenarbeit am Set.
Sie haben unter anderem für Ihren Feuerstunt in Letters from Iwo Jima Preise gewonnen. Sollte man dem Geschäft der Stuntmen mehr Aufmerksamkeit schenken? Helfen Veranstaltungen wie die World Stunt Awards diesen eher übersehenen Teil des Filmemachens mehr in den Fokus zu rücken?
Ja, ich schätze das Erkennen des unersetzlichen Wertes der Stuntleute in Actionfilmen durch solche Veranstaltungen, aber ich würde die Aufmerksamkeit gerne noch weiter gehen sehen – Anerkennung bei den Oscars wäre nett.
Gelegentlich arbeiten Sie auch als Schauspieler in Filmen oder Serien mit. Werden Sie für diese Rollen angefragt, wenn ich z. B. an den Part des Meisters in Big Stan denke, oder bewerben Sie sich regulär beim Casting?
Beides – das trifft wohl auf die meisten Schauspieler in der SAG (Screen Actor’s Guild) zu. Ich sehe immer die gleichen Kollegen bei den Vorsprechen (normalerweise fragen sie nach einem bestimmten Look, und wenn ich darauf passe, schickt mein Agent mich los). Es ist immer nett, wenn man direkt angefragt wird und sie dich besetzen, weil sie deine vorigen Arbeiten kennen.
In Ananas Express ist ihr Bild, noch dazu ihr damaliges IMDb-Portrait, als Familienfoto eines getöteten Gangsters zu sehen. Wie kam es dazu?
Als ich für den Platz im Stuntteam vorsprach war dies das Foto, das ich verwendete, und sie mochten es.
Sie sind nicht nur beim Film tätig, sondern betreiben auch einen Dojo. Ist es schwer diese beiden Tätigkeiten zu koordinieren?
Nicht wirklich – wenn ich nicht drehe, dann unterrichte ich. Ich habe sehr gute Lehrer, die schon viele Jahre mit mir trainieren und mich würdig vertreten, wenn ich an einem Film arbeite.
In einem Interview erzählte Loren Avedon, daß er als Schauspieler entdeckt wurde als er in Ihrem Dojo trainierte. Hat Ihr Dojo anderen Kampfkünstlern den Weg ins Filmgeschäft geebnet?
Ja, Michael Trenor, einer der drei Ninjas aus der
3 Ninja Kids-Reihe, hat bei mir trainiert. Außerdem David Wald, einer der Teenage Mutant Ninja Turtles und Stunt-Power Rangers, neben anderen, die im Stuntbereich arbeiten.
Wenn Sie Kampfszenen als Choreograph betreuen, worauf achten Sie? Versuchen Sie Ihren eigenen Stil oder Ihre eigene Philosophie in den Kämpfen zum Ausdruck zu bringen oder konzentrieren Sie sich eher auf die jeweilige Geschichte um die Kampfszene herum?
Ich muß die Vision des Regisseurs und des Drehbuchautors in die Szenen einbringen. Manche Regisseure lassen mir freie Hand, etwas zu schaffen, von dem ich denke, daß es in der Szene gut funktionieren würde; andere wollen etwas ganz Bestimmtes, und ich gebe es ihnen gerne. Ich habe viele Stile über meine Spezialität Tae Kwon Do hinaus trainiert und kann diese einbauen, je nachdem was gerade benötigt wird.
Wie sehen Sie die gegenwärtige Entwicklung des Martial Arts Films? Werke wie die Bourne-Trilogie oder Never Back Down vertreten einen realistischeren Ansatz als z. B. die Karatefilme der 1980er Jahre.
Es hängt immer von dem Projekt ab. Ich sehe und mag Situationen, die realistischer sind, aber auch jene, die einen kreativeren Ansatz auf der Seite des Filmemachens vertreten.
Sie haben einen eigenen YouTube-Kanal. Sind diese neuen Medien mittlerweile eine Hilfe oder vielleicht sogar eine Notwendigkeit, wenn man seine Fähigkeiten als Stunt Coordinator und Fight Choreographer vermarkten möchte?
Es hilft, die eigenen Fähigkeiten zu vermarkten, wenn die Produzenten sich das Ganze online ansehen können.
2011-06-02 17:07